Wirtschaft

Vom Keller in den Kreislauf: Wie Refurbishment IT nachhaltiger macht

Nachhaltige Beschaffung heißt längst mehr als ökologische Produktwahl. Auch ausrangierte IT kann Teil der Kreislaufwirtschaft werden: Professionelles Refurbishment verlängert Lebenszyklen, spart Energie und Ressourcen – und ermöglicht bei spezialisierten Anbietern wie AfB social & green IT sogar soziale Wirkung.

28.10.2025

Vom Keller in den Kreislauf: Wie Refurbishment IT nachhaltiger macht

In deutschen Haushalten schlummert ein oft vergessener Schatz: Millionen ausrangierte Computer, Tablets und Handys, die längst durch Neuware ersetzt wurden. Allein 195 Millionen ungenutzte Smartphones liegen hierzulande in Schubladen und Kartons, wie eine Bitkom-Studie zeigt. In Unternehmen sieht es kaum besser aus. Zwar verschenken rund 23 Prozent der Betriebe ihre aussortierten Geräte an Mitarbeitende, mehr als 40 Prozent spenden sie an wohltätige Organisationen. Doch etwa 22 Prozent lagern ihre Hardware weiterhin ein – in der Hoffnung, sie irgendwann noch einmal zu verwenden.

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Egal ob in Privathaushalten oder Betrieben: Wer seine ungenutzten Geräte hortet, hält zugleich wertvolle Rohstoffe unter Verschluss. In jedem Rechner, Smartphone oder Server stecken seltene Erden wie Neodym und Tantal, Edelmetalle wie Gold und Silber sowie Kupfer und Aluminium. Insgesamt sind in einem Smartphone rund 60 verschiedene Stoffe verbaut. Ihre Gewinnung kostet nicht nur Energie, sondern ist häufig mit erheblichen Umwelt- und Sozialproblemen verbunden.

Damit stellt sich eine zentrale Frage: Wie lassen sich all diese ungenutzten Geräte sinnvoll und nachhaltig weiterverwenden, anstatt sie ungenutzt liegen zu lassen? Für Privathaushalte bieten sich Rückgabeaktionen, Spenden oder der Verkauf über Second-Hand-Plattformen an. In Unternehmen hingegen lohnt sich ein professioneller Ansatz: das Refurbishment. Dabei werden ausgemusterte IT-Geräte fachgerecht aufbereitet, geprüft und erneut in den Markt gebracht. „Nachhaltigkeit zeigt sich nicht nur in der Erstnutzung“, weiß Daniel Büchle, Geschäftsführer beim IT-Refurbisher AfB und verantwortlich für Beschaffung, Produktion, IT und Nachhaltigkeit. „Aus ökologischer Sicht ist eine Erstnutzungszeit von IT-Geräten, etwa in Unternehmen, von vier bis fünf Jahren sinnvoll. Danach ist professionelles Refurbishing wirtschaftlich rentabel und der Markt für den Wiederverkauf vorhanden. Nach der technischen Aufbereitung sind die Geräte im Durchschnitt noch einmal vier bis fünf Jahre einsatzbereit. Zwei Nutzungszyklen verlängern so die Gesamtlebensdauer und das ist ökologisch besonders sinnvoll.“

Politische Ziele, praktische Lösungen

Refurbishment statt Einlagern ist auch im Hinblick auf die politischen Rahmenbedingungen konsequent – denn die EU fördert mit dem Clean Industrial Deal gezielt Modelle, die Rohstoffe im Kreislauf halten. Ziel ist es, die europäische Industrie nachhaltiger, widerstandsfähiger und weniger abhängig von Primärrohstoffen zu machen. Bis 2030 soll der Anteil wiederverwendeter und recycelter Materialien in der EU auf etwa 24 Prozent steigen – mehr als doppelt so viel wie heute. Geplant sind dafür unter anderem neue Initiativen wie der Circular Economy Act und der Critical Raw Materials Act. Sie sollen sicherstellen, dass Produkte länger genutzt, repariert oder aufbereitet werden können und der Zugang zu Sekundärrohstoffen verbessert wird.

Daniel Büchle, Geschäftsführer AfB und Mike Reif, Geschäftsführer AfB.
Daniel Büchle, Geschäftsführer AfB und Mike Reif, Geschäftsführer AfB.

Das Refurbishment ausgedienter IT-Geräte übernehmen professionelle Anbieter wie AfB social & green IT. Das gemeinnützige IT-Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, gebrauchte Business-Hardware zu übernehmen, zertifiziert zu löschen, fachgerecht aufzubereiten und wieder zu vermarkten. Doch damit das auch wirtschaftlich Sinn macht, sollten ausgediente Geräte nicht zu lange ungenutzt lagern, sagt Mike Reif, der als Geschäftsführer bei AfB den Bereich Sales verantwortet: „Refurbishment lohnt sich dann, wenn das Gerät noch genügend Wert hat und nach der Aufbereitung für Käufer attraktiv ist. Besonders geeignet sind Workplace-Geräte mit stabilen Absatzchancen über E-Commerce und B2C.“ Vor allem die Skalierung sei entscheidend für eine relevante ökologische und soziale Wirkung. Dann funktioniere der Business Case und AfB könne sogar den B2B-Markt bedienen.

Mit wenig Aufwand …

Für Unternehmen, die ihre Geräte an AfB weitergeben wollen, ist der Aufwand gering. „Wir integrieren uns in bestehende Prozesse, übernehmen Transport, Lagerung und Datenvernichtung und liefern vollständige Nachweise für die IT- und Nachhaltigkeitsberichte,“ so Büchle. Das heißt, AfB stellt bei den Unternehmen vor Ort versiegelte Sammelbehälter für die ausrangierten Geräte bereit und organisiert den sicheren Transport in einen seiner 20 Standorte in Europa. Dort werden die Geräte unter Videoüberwachung entsiegelt, erfasst und mit zertifizierter Software gelöscht. Über sogenannte Service Level Agreements (SLAs) werden Löschmethoden und Fristen festgelegt. Jedes Gerät erhält einen individuellen Löschbericht – ein Nachweis, der direkt an das abgebende Unternehmen geht.

Nach der Datenvernichtung folgt die technische Aufbereitung und, sofern möglich, der Wiederverkauf mit Garantie. Geräte, die nicht mehr genutzt werden können, gehen ins Recycling. Dabei endet der Kreislauf jedoch nicht automatisch: In den Zerlegebetrieben von AfB suchen Mitarbeitende anhand sogenannter Fahndungslisten gezielt nach funktionsfähigen Bauteilen aus defekten Geräten und bauen daraus ein internes Ersatzteillager auf, erklärt Büchle: „Also selbst wenn das einzelne Geräte nicht mehr funktionsfähig ist, suchen wir zuerst nach wiederverwertbaren Bauteilen. Dann separieren wir nach Stofffraktionen für die Rohstoffrückgewinnung.“

… zur messbaren Wirkung

Die ökologische Wirkung jedes Auftrags berechnet AfB anhand von sieben Kennzahlen. Diese werden in einer Wirkungsurkunde dokumentiert, die sich im ESG-Reporting der kooperierenden Unternehmen nutzen lässt. Wie groß der Gesamteffekt dieser Arbeit ist, zeigen Zahlen von AfB aus dem Jahr 2024: Durch Refurbishing, Remarketing und Recycling gebrauchter Geräte konnten im Vergleich zur Neuproduktion rund 62.200 Tonnen CO2-Äquivalente, etwa 233.600 Megawattstunden Primärenergie und 461 Millionen Liter Wasser eingespart werden. Nicht zuletzt schafft das Inklusionsunternehmen AfB durch sein Geschäftsmodell Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt – im Oktober 2025 zählt das Unternehmen 700 Mitarbeitende, davon 49 Prozent mit einer Behinderung – und verbindet so ökologische mit sozialer Nachhaltigkeit.

Refurbished selbst nutzen statt Neuware kaufen

Refurbished IT

Unternehmen können nicht nur ihre gebrauchten Geräte wiederverwerten lassen, sondern auch selbst auf Refurbished-Hardware setzen. Laut Bitkom greifen bislang nur rund 15 Prozent der Unternehmen zu wiederaufbereiteter IT. „Verfügbarkeit und Konfigurationen sind bei wiederaufbereiteten Geräten teilweise eingeschränkter als bei Neuware“, erklärt Mike Reif, Geschäftsführer von AfB. Nicht alle Modelle oder Leistungsklassen seien jederzeit verfügbar, und ältere Spezifikationen passten häufig nicht mehr zu aktuellen Software- oder Sicherheitsanforderungen. Die mögliche Länge des Zweitnutzungszyklus sei daher schwer planbar und ein Grund, warum viele Unternehmen bislang zögern.

Trotzdem betont Reif: „Refurbished-Geräte sind in geeigneten Situationen durchaus eine Alternative. Es gibt gute Möglichkeiten, Neuware durch wiederaufbereitetes Zubehör zu ergänzen – etwa Monitore oder Docking-Stations. Hier erleben wir seitens interessierter Unternehmen eine zunehmende Offenheit für Mischbeschaffungen.“ Auch Mietmodelle für temporäre Bedarfe, etwa bei Wahlen, Events oder befristeten Arbeitsplätzen, gewönnen an Bedeutung. „Hier ist der Einsatz von refurbished Hardware besonders zweckdienlich und nachhaltig. Mit Rücknahme, Datenvernichtung und erneuter Aufbereitung lässt sich in einigen Situationen sogar ein dritter Nutzungszyklus realisieren.“

Quelle: UmweltDialog
 

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